«Ihre Stimme ist Balsam für die Seele»

Sie ist auf dem Weg zum Weltstar: Priya Ragu. Was die Sängerin aus St. Gallen ausmacht und wie sie sich schliesslich traute, ihren Traum zu verwirklichen, erzählt ihr Bruder – ebenfalls Musiker und Priyas Produzent.

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Text: Julia Kliewer - Fotos: zvg.

Zur Person

Priya Ragu

Priya Ragu, 35, macht schon ihr Leben lang Musik. Als Kind im Kreis der Familie, später als Hobby neben dem Bürojob. Mit Anfang 30 beschliesst die St. Gallerin mit tamilischen Wurzeln, voll auf die Musik zu setzen. Sie fliegt nach New York, beginnt, Songs zu schreiben. Ihr Bruder Japhna Gold wird ihr Produzent, gemeinsam veröffentlichen sie erste Tracks. Kurz darauf erfolgt der Durchbruch: ein Vertrag mit Warner Music. «Good Love 2.0» und «Chicken Lemon Rice» werden internationale Erfolge. Derzeit ist Priya im Studio und nimmt neue Musik auf.

Priya Ragu, 35, macht schon ihr Leben lang Musik. Als Kind im Kreis der Familie, später als Hobby neben dem Bürojob. Mit Anfang 30 beschliesst die St. Gallerin mit tamilischen Wurzeln, voll auf die Musik zu setzen. Sie fliegt nach New York, beginnt, Songs zu schreiben. Ihr Bruder Japhna Gold wird ihr Produzent, gemeinsam veröffentlichen sie erste Tracks. Kurz darauf erfolgt der Durchbruch: ein Vertrag mit Warner Music. «Good Love 2.0» und «Chicken Lemon Rice» werden internationale Erfolge. Derzeit ist Priya im Studio und nimmt neue Musik auf.

Musik hatte in unserer Familie schon immer einen hohen Stellenwert. Unsere Eltern und die Grosseltern haben selbst gerne musiziert und uns auch musikalisch gefördert: Priya hatte schon früh Geigen- und ich Keyboardunterricht. Unsere Eltern haben immer sehr viel gearbeitet, doch am Wochenende kamen oft Verwandte und Bekannte zu uns. Wir haben zusammen gegessen, Musik gemacht und getanzt. Priya musste tamilische Lieder singen, ich durfte sie auf der elektrischen Orgel begleiten.

Und wie das so ist, wenn man etwas muss: Es ist nicht mehr so attraktiv und kann nerven. Genauso war es, wenn wir damals zusammen mit unserem Vater, der die Tabla, ein indisches Schlaginstrument, spielt, bei kulturellen Events aufgetreten sind. Priya und ich waren keine grossen Fans davon, vor Leuten zu performen. Doch wenn wir auf der Bühne standen, war das immer ein schönes Gefühl.

Musik hatte in unserer Familie schon immer einen hohen Stellenwert. Unsere Eltern und die Grosseltern haben selbst gerne musiziert und uns auch musikalisch gefördert: Priya hatte schon früh Geigen- und ich Keyboardunterricht. Unsere Eltern haben immer sehr viel gearbeitet, doch am Wochenende kamen oft Verwandte und Bekannte zu uns. Wir haben zusammen gegessen, Musik gemacht und getanzt. Priya musste tamilische Lieder singen, ich durfte sie auf der elektrischen Orgel begleiten.

Und wie das so ist, wenn man etwas muss: Es ist nicht mehr so attraktiv und kann nerven. Genauso war es, wenn wir damals zusammen mit unserem Vater, der die Tabla, ein indisches Schlaginstrument, spielt, bei kulturellen Events aufgetreten sind. Priya und ich waren keine grossen Fans davon, vor Leuten zu performen. Doch wenn wir auf der Bühne standen, war das immer ein schönes Gefühl.

Japhna Gold
Japhna Gold, 39, ist Songwriter und Musikproduzent. Als Teenager rappte er und hatte eine Band, mit der er in der Schweiz tourte. Mit 30 Jahren beschloss er, sich komplett auf die Musik zu fokussieren, gab seinen Job auf und zog nach Zürich. An das Musiktalent seiner kleinen Schwester hat er schon immer geglaubt und produzierte ihre ersten Songs.

Jetzt, wo Priya und ich zurückblicken, können wir vieles besser verstehen. Wieso unsere Eltern so streng waren und wir vieles nicht durften. Sie sind in den 1980er-Jahren vor dem Bürgerkrieg aus Sri Lanka in die Schweiz geflohen, sie gehörten zu den ersten Dunkelhäutigen in St. Gallen. Es gab viele Vorurteile. Wir haben Rassismus erfahren, Beleidigungen, komische Blicke. Unsere Eltern wollten uns davor schützen. Das Aufwachsen zwischen zwei Kulturen war nicht immer einfach. Zu Hause wurde die tamilische Kultur gelebt. Aber im Freundeskreis wollten wir dazugehören und drehten dieser Kultur ein Stück weit den Rücken zu. In unserer Teenagerzeit mussten wir unsere Identität erst finden. Inzwischen zelebrieren Priya und ich unsere tamilischen Wurzeln. 


Der Weg zum Star

Dass sie singen kann, wusste Priya schon immer. Die Musik lief bei ihr aber nebenher. Sie war Realistin, strukturiert, hatte einen geregelten Bürojob. Ich war eher der Träumer, chaotisch. Das Problemkind, das sagt: «Lieber mache ich Musik und bin arm.» Wir konnten beide etwas voneinander lernen. Neben ihrer Arbeit ging Priya als Backgroundsängerin mit Müslüm auf Tour, machte Open-Mics und gab kleinere Konzerte.
 

Und das ist erst der Anfang: Priya hat so viele Ideen und möchte etwas bewegen


Aber es war mehr zum Spass. Als sie dann Anfang 30 war, beschloss sie, sich voll auf die Musik zu konzentrieren. Sie kündigte ihren Job und sagte mir, dass sie nach New York fliege, um Songs zu schreiben. Nach und nach begann sie, mir Songideen zu schicken. Ich produzierte die Musik dazu und schickte sie ihr zurück. So hat unsere Zusammenarbeit angefangen. Als sie zurückkam, veröffentlichten wir im Februar 2018 den ersten Song. Beim zweiten Song begannen wir, indische Einflüsse zu integrieren. Das Video dazu drehten wir in Indien. Daraufhin spielte Vh1 India den Song und Rolling Stone India berichtete darüber. In der Schweiz hingegen sagten Radiosender, dass er zu kompliziert sei für Schweizer Ohren. Als Priya und ich dann «Good Love» rausbrachten, schauten wir uns an und wussten: Damit erreichen wir das nächste Level.
 

Ein gelebter Traum

Und so war es: Plötzlich kamen 20 Musiklabels auf uns zu. Wegen Corona fand alles online statt, wir waren permanent in Calls. Und dann kam der Deal mit Warner Music. Es war unglaublich! Das Absurde dabei war, dass Priya von den Medien als «Weltstar» gefeiert wurde, während wir im Lockdown bei unseren Eltern hockten. Es ist noch immer surreal: Die Spotify-Zahlen gehen durch die Decke, Radiosender rund um die Welt spielen die Songs, renommierte Magazine wie die «New York
Times» berichten über Priya. Sie ist definitiv auf dem Weg zum Weltstar. 

Und das ist erst der Anfang: Priya hat so viele Ideen und möchte etwas bewegen. Es ist ihr vor allem wichtig, Frauen und Kinder zu ermutigen. Viele von ihnen sind wie Priya: schüchtern, trauen sich Sachen nicht zu. Sie will ihnen zeigen: Du kannst alles schaffen – auch als Frau, auch mit über 30! Es ist nie zu spät, deinen Traum zu leben. Man sollte immer an sich glauben. Anstatt sich darauf zu fokussieren, was man nicht hat oder nicht kann, sollte man dankbar sein für all das, was man hat und was man kann. Die Musik ist dazu da, Menschen zu begeistern, zu inspirieren, positive Energie auszustrahlen und Kulturen zusammenzubringen. Ich bin ein absoluter Fan von Priyas Stimme. Ich höre ihr manchmal zu und könnte weinen – es schwingt so viel Emotionales in ihrer Stimme mit. Ich bin so unglaublich stolz auf meine Schwester. Als Kinder haben wir uns gestritten und geschlagen, aber die Musik hat uns nähergebracht. Heute ist sie meine beste Freundin. Eine richtige Powerfrau. Ich bin so froh, dass sie ihr volles Potenzial ausschöpft. Und ich bin dankbar, dass ich mit ihr zusammenarbeiten und kreativ sein kann. Vor allem aber, dass unsere Eltern erleben dürfen, dass unsere Musik Erfolg hat und etwas in der Welt bewirkt.

Jetzt, wo Priya und ich zurückblicken, können wir vieles besser verstehen. Wieso unsere Eltern so streng waren und wir vieles nicht durften. Sie sind in den 1980er-Jahren vor dem Bürgerkrieg aus Sri Lanka in die Schweiz geflohen, sie gehörten zu den ersten Dunkelhäutigen in St. Gallen. Es gab viele Vorurteile. Wir haben Rassismus erfahren, Beleidigungen, komische Blicke. Unsere Eltern wollten uns davor schützen. Das Aufwachsen zwischen zwei Kulturen war nicht immer einfach. Zu Hause wurde die tamilische Kultur gelebt. Aber im Freundeskreis wollten wir dazugehören und drehten dieser Kultur ein Stück weit den Rücken zu. In unserer Teenagerzeit mussten wir unsere Identität erst finden. Inzwischen zelebrieren Priya und ich unsere tamilischen Wurzeln. 


Der Weg zum Star

Dass sie singen kann, wusste Priya schon immer. Die Musik lief bei ihr aber nebenher. Sie war Realistin, strukturiert, hatte einen geregelten Bürojob. Ich war eher der Träumer, chaotisch. Das Problemkind, das sagt: «Lieber mache ich Musik und bin arm.» Wir konnten beide etwas voneinander lernen. Neben ihrer Arbeit ging Priya als Backgroundsängerin mit Müslüm auf Tour, machte Open-Mics und gab kleinere Konzerte.
 

Und das ist erst der Anfang: Priya hat so viele Ideen und möchte etwas bewegen


Aber es war mehr zum Spass. Als sie dann Anfang 30 war, beschloss sie, sich voll auf die Musik zu konzentrieren. Sie kündigte ihren Job und sagte mir, dass sie nach New York fliege, um Songs zu schreiben. Nach und nach begann sie, mir Songideen zu schicken. Ich produzierte die Musik dazu und schickte sie ihr zurück. So hat unsere Zusammenarbeit angefangen. Als sie zurückkam, veröffentlichten wir im Februar 2018 den ersten Song. Beim zweiten Song begannen wir, indische Einflüsse zu integrieren. Das Video dazu drehten wir in Indien. Daraufhin spielte Vh1 India den Song und Rolling Stone India berichtete darüber. In der Schweiz hingegen sagten Radiosender, dass er zu kompliziert sei für Schweizer Ohren. Als Priya und ich dann «Good Love» rausbrachten, schauten wir uns an und wussten: Damit erreichen wir das nächste Level.
 

Ein gelebter Traum

Und so war es: Plötzlich kamen 20 Musiklabels auf uns zu. Wegen Corona fand alles online statt, wir waren permanent in Calls. Und dann kam der Deal mit Warner Music. Es war unglaublich! Das Absurde dabei war, dass Priya von den Medien als «Weltstar» gefeiert wurde, während wir im Lockdown bei unseren Eltern hockten. Es ist noch immer surreal: Die Spotify-Zahlen gehen durch die Decke, Radiosender rund um die Welt spielen die Songs, renommierte Magazine wie die «New York
Times» berichten über Priya. Sie ist definitiv auf dem Weg zum Weltstar. 

Und das ist erst der Anfang: Priya hat so viele Ideen und möchte etwas bewegen. Es ist ihr vor allem wichtig, Frauen und Kinder zu ermutigen. Viele von ihnen sind wie Priya: schüchtern, trauen sich Sachen nicht zu. Sie will ihnen zeigen: Du kannst alles schaffen – auch als Frau, auch mit über 30! Es ist nie zu spät, deinen Traum zu leben. Man sollte immer an sich glauben. Anstatt sich darauf zu fokussieren, was man nicht hat oder nicht kann, sollte man dankbar sein für all das, was man hat und was man kann. Die Musik ist dazu da, Menschen zu begeistern, zu inspirieren, positive Energie auszustrahlen und Kulturen zusammenzubringen. Ich bin ein absoluter Fan von Priyas Stimme. Ich höre ihr manchmal zu und könnte weinen – es schwingt so viel Emotionales in ihrer Stimme mit. Ich bin so unglaublich stolz auf meine Schwester. Als Kinder haben wir uns gestritten und geschlagen, aber die Musik hat uns nähergebracht. Heute ist sie meine beste Freundin. Eine richtige Powerfrau. Ich bin so froh, dass sie ihr volles Potenzial ausschöpft. Und ich bin dankbar, dass ich mit ihr zusammenarbeiten und kreativ sein kann. Vor allem aber, dass unsere Eltern erleben dürfen, dass unsere Musik Erfolg hat und etwas in der Welt bewirkt.

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