Herr Hannesbo, was ist dran an der Behauptung, dass die E-Auto-Batterie bei niedrigen Temperaturen an Leistung verliert?
Dazu muss man wissen, dass der optimale Effizienzbereich einer E-Auto-Batterie zwischen 25 und 35 Grad liegt. Grundsätzlich verlieren E-Auto-Batterien bei tieferen Temperaturen nicht an Leistung. Weil aber die Kapazität der Batteriezellen bei Kälte niedriger ist, muss die Batterie aufgeheizt werden, um voll zu funktionieren. Dieses Aufheizen verursacht einen höheren Stromverbrauch.
Was bedeutet das konkret in Bezug auf die Reichweite?
Nehmen wir die Zahlen des norwegischen Autofahrerverbands. In einem umfangreichen Versuch mit zwanzig verschiedenen Fahrzeugen hat dieser festgestellt, dass sich die Reichweite bei Temperaturen zwischen minus sechs und plus drei Grad um 18,5 Prozent verringert. Swiss eMobility hat winterbedingte Mehrverbräuche von 25 bis 31 Prozent berechnet. Das scheint auf den ersten Blick viel zu sein. Wir dürfen aber nicht vergessen: Auch Benzin- und Dieselautos weisen bei niedrigen Temperaturen einen höheren Energieverbrauch auf. Bei Benzinern sind es rund 15 Prozent mehr, bei Dieselfahrzeugen sogar rund 24 Prozent.
Welchen Einfluss hat das Heizen des Innenraums auf den Verbrauch?
Das Heizen im E-Auto erfolgt über eine Elektroheizung. Diese verbraucht in den ersten 10 bis 15 Fahrminuten sehr viel Energie. Laut dem Touring Club Schweiz (TCS) benötigt eine Luftheizung eine Leistung von zwei bis fünf Kilowatt, was den Energieverbrauch des Fahrzeugs um 10 bis 20 Prozent erhöht. Mein Tipp: Schalten Sie immer die Sitzheizung, die Lenkradheizung und, wenn vorhanden, die Frontscheibenheizung ein. Die Sitzheizung und die Lenkradheizung benötigen zusammen nur rund 150 Watt. Unabhängig davon ist es vorteilhaft, Auto und Batterie vorzuheizen, solange die Stromquelle angeschlossen ist. Damit erhöht sich die Reichweite markant.
Gibt es weitere Massnahmen, die positive Auswirkungen auf die Reichweite haben?
Den E-Autos kommt zugute, dass sie über eine gute Isolierung des Fahrzeuginnenraums verfügen. Die Hersteller verbauen zudem oftmals ein «Eco»-Fahrprogramm, welches die Batterie schont. Durch eine Wärmepumpe, die bei neuen E-Autos häufig bereits serienmässig verbaut ist, kann der Verbrauch weiter optimiert werden.
Eine Wärmepumpe fürs E-Auto?
Ja genau. Eine Wärmepumpe funktioniert in einem E-Auto ähnlich wie in anderen Bereichen. Sie dient dazu, den Innenraum zu heizen. Dazu nimmt sie die Umgebungswärme auf, die aus der Luft ausserhalb des Autos stammt. Selbst bei niedrigen Temperaturen gibt es noch genügend thermische Energie in der Umgebungsluft, die zum Wärmen genutzt werden kann.
Lassen Sie uns über die Ladegeschwindigkeit sprechen. Wie wirkt sich Kälte darauf aus?
Die Reaktion diesbezüglich variiert stark. Einige E-Autos zeigen fast keine Reduktion. Modelle mit älterer Technologie verlieren im Winter aber einiges an Ladegeschwindigkeit. Gut zu wissen ist, dass das E-Auto zu Beginn am schnellsten lädt, was besonders nützlich ist, wenn die Zeit unterwegs knapp ist. Bis zu 50 oder 60 Prozent des Ladestands ist die Ladegeschwindigkeit in der Regel sehr hoch. Danach fällt sie spürbar ab.
Ist es richtig, dass das Auto schneller lädt, wenn die Batterie eine optimale Temperatur hat?
Ja. Deshalb verfügen moderne E-Autos heute über eine Batterie-Vorheizung. Diese sorgt dafür, dass die E-Auto-Batterie vor dem Schnellladen eine optimale Betriebstemperatur erreicht. Bei manchen Modellen wird die Vorheizung automatisch eingeschaltet, wenn eine Ladesäule als Destination im Navigationsgerät eingegeben wird. Andere Autos haben eine manuelle Batterieheizung, die auch ohne Benutzung des Navigationsgeräts aktiviert werden kann.