«Das Stromnetz stösst in einigen Quartieren bereits an seine Grenzen»

Die Schweiz will bis 2035 einen Grossteil ihres Stromverbrauchs mit Sonnen- und Windenergie sowie Biogas decken. Gemäss Daniel Bucher, Leiter Netze bei EKZ, ist dieses Ziel aber nur erreichbar, wenn gleichzeitig das Stromnetz physikalisch enorm ausgebaut und digitalisiert wird.

Luc Descombes
11. März 2025
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Daniel Bucher leitet den Geschäftsbereich Netze und ist Mitglied der EKZ-Geschäftsleitung. Zusammen mit seinem Team macht er das Zürcher Stromnetz bereit für eine Stromversorgung, die dereinst zu 100 Prozent auf erneuerbaren Energien basieren wird. FOTOS: Severin Jakob


Daniel Bucher, was beschäftigt Sie und Ihr Team aktuell?

Seit der Abstimmung über das Stromgesetz* im vergangenen Juni ist das Ziel klar: Bis im Jahr 2035 werden die erneuerbaren Energien massiv ausgebaut. Ohne die Wasserkraft sollen diese dann 35 Terrawattstunden Strom zu unserem Strommix beitragen. Das sind über 50 Prozent des aktuellen Schweizer Stromverbrauchs. In den kommenden Jahren werden deshalb Solaranlagen auf der Stromnetzebene 7, das ist die von EKZ verantwortete Niederspannungsebene, stark zunehmen. Uns beschäftigt daher vor allem der Ausbau, die Verstärkung und die Digitalisierung des Stromnetzes, damit es mit diesen Entwicklungen Schritt halten kann.

*Mantelerlass 


Daniel Bucher, was beschäftigt Sie und Ihr Team aktuell?

Seit der Abstimmung über das Stromgesetz* im vergangenen Juni ist das Ziel klar: Bis im Jahr 2035 werden die erneuerbaren Energien massiv ausgebaut. Ohne die Wasserkraft sollen diese dann 35 Terrawattstunden Strom zu unserem Strommix beitragen. Das sind über 50 Prozent des aktuellen Schweizer Stromverbrauchs. In den kommenden Jahren werden deshalb Solaranlagen auf der Stromnetzebene 7, das ist die von EKZ verantwortete Niederspannungsebene, stark zunehmen. Uns beschäftigt daher vor allem der Ausbau, die Verstärkung und die Digitalisierung des Stromnetzes, damit es mit diesen Entwicklungen Schritt halten kann.

*Mantelerlass 

Die sieben Stromnetzebenen
Strom durchläuft von der Produktion bis zum Haushalt sieben Netzebenen. Beginnend auf der Höchstspannungsebene fliesst er über das Mittelspannungsnetz bis auf das Niederspannungsnetz von EKZ. Dort erfolgt die Feinverteilung bis in die Haushalte und Unternehmen. Weil auf der Niederspannungsebene aktuell sehr viele neue Solaranlagen angeschlossen werden, sind die Kapazitätsengpässe auf dieser Netzebene teilweise akut.

Wie gehen Sie dabei vor?

Auf der einen Seite treiben wir die Digitalisierung des Stromnetzes voran. Hier nutzen wir die vielen Daten, welche wir von intelligenten Stromzählern, sogenannten Smart Metern, erhalten. Mittels eines dynamischen Lastmanagements werden wir zukünftig in der Lage sein, das Netz intelligenter zu steuern und die Lasten besser auszugleichen. Das ist elementar wichtig, um mit den Belastungsspitzen der erneuerbaren Energie mithalten zu können. Zudem müssen wir Anreize schaffen, die dazu motivieren, den Strom dann zu verbrauchen, wenn er im Übermass verfügbar ist. Das bedeutet konkret, dass wir Boiler dann beheizen oder E-Autos dann laden, wenn die Sonne scheint und genügend Energie vorhanden ist. In der Gemeinde Winkel haben wir gemeinsam mit der ETH gerade ein Pilotprojekt abgeschlossen, in dem wir das digitale, intelligente Stromnetz der Zukunft getestet haben. Das ist die eine Seite der Medaille.

Die Bedeutung des physikalischen Netzausbaus wird leider immer noch komplett unterschätzt

Was steht auf der anderen Seite?

Der physikalische Um- und Ausbau des Stromnetzes. Wir müssen das Netz in den kommenden Jahren enorm verstärken, damit wir die Mehrenergie abtransportieren können, die zum Beispiel im Sommer durch die vielen Solaranlagen eingespeist werden wird. Dazu investieren wir zurzeit pro Woche über zwei Millionen Franken im EKZ-Versorgungsgebiet. Wir verlegen leistungsfähigere Stromkabel, installieren grössere Transformatoren oder ganze Trafostationen und bauen neue oder erneuern bestehende Unterwerke. Leider ist das Verständnis dafür, dass dies notwendig ist, noch nicht überall vorhanden. 

Wie gehen Sie dabei vor?

Auf der einen Seite treiben wir die Digitalisierung des Stromnetzes voran. Hier nutzen wir die vielen Daten, welche wir von intelligenten Stromzählern, sogenannten Smart Metern, erhalten. Mittels eines dynamischen Lastmanagements werden wir zukünftig in der Lage sein, das Netz intelligenter zu steuern und die Lasten besser auszugleichen. Das ist elementar wichtig, um mit den Belastungsspitzen der erneuerbaren Energie mithalten zu können. Zudem müssen wir Anreize schaffen, die dazu motivieren, den Strom dann zu verbrauchen, wenn er im Übermass verfügbar ist. Das bedeutet konkret, dass wir Boiler dann beheizen oder E-Autos dann laden, wenn die Sonne scheint und genügend Energie vorhanden ist. In der Gemeinde Winkel haben wir gemeinsam mit der ETH gerade ein Pilotprojekt abgeschlossen, in dem wir das digitale, intelligente Stromnetz der Zukunft getestet haben. Das ist die eine Seite der Medaille.

Die Bedeutung des physikalischen Netzausbaus wird leider immer noch komplett unterschätzt

Was steht auf der anderen Seite?

Der physikalische Um- und Ausbau des Stromnetzes. Wir müssen das Netz in den kommenden Jahren enorm verstärken, damit wir die Mehrenergie abtransportieren können, die zum Beispiel im Sommer durch die vielen Solaranlagen eingespeist werden wird. Dazu investieren wir zurzeit pro Woche über zwei Millionen Franken im EKZ-Versorgungsgebiet. Wir verlegen leistungsfähigere Stromkabel, installieren grössere Transformatoren oder ganze Trafostationen und bauen neue oder erneuern bestehende Unterwerke. Leider ist das Verständnis dafür, dass dies notwendig ist, noch nicht überall vorhanden. 

Ein Netzelektriker bearbeitet ein Stromkabel, das auf einer Kabelrolle aufgewickelt ist.
Das Stromnetz muss physikalisch enorm ausgebaut und digitalisiert werden, um mit der Volatilität der erneuerbaren Stromproduktion mithalten zu können. Dementsprechend investiert EKZ wöchentlich fast zwei Millionen Franken in dessen Ausbau.

Was meinen Sie damit? 

Dass es leider nicht so ist, wie viele behaupten, dass wir die grossen Anforderungen an das Stromnetz zukünftig allein mit der Digitalisierung und etwas künstlicher Intelligenz meistern werden. Wir müssen auf beide Strategien setzen. Auf der einen Seite digitalisieren und neue, innovative Möglichkeiten nutzen und auf der anderen Seite das Netz physikalisch noch viel stärker ausbauen, als wir das aktuell tun. Nur so haben wir eine Chance, die hochgesteckten Ziele aus dem Stromgesetz zu erreichen. Doch gerade im physikalischen Netzbau begegnen wir im Alltag zu vielen Hürden. Die Standortsuche für neue Trafostationen beispielsweise gestaltet sich oft enorm zäh - geographisch wie auch politisch.

Hat die Politik das Thema nicht auf dem Schirm?

Doch, aber ich stelle fest, dass der Fokus bei vielen Politikern auf der Netzebene 1 liegt, dem sogenannten Höchstspannungsnetz. Der Flaschenhals befindet sich aber mehrheitlich auf der Netzebene 7, dem Niederspannungsnetz. Hier bei uns im Flachland, wo wir die vielen neuen Solaranlagen anschliessen, die dann im Sommer grosse Strommengen ins Netz einspeisen werden. 

Was meinen Sie damit? 

Dass es leider nicht so ist, wie viele behaupten, dass wir die grossen Anforderungen an das Stromnetz zukünftig allein mit der Digitalisierung und etwas künstlicher Intelligenz meistern werden. Wir müssen auf beide Strategien setzen. Auf der einen Seite digitalisieren und neue, innovative Möglichkeiten nutzen und auf der anderen Seite das Netz physikalisch noch viel stärker ausbauen, als wir das aktuell tun. Nur so haben wir eine Chance, die hochgesteckten Ziele aus dem Stromgesetz zu erreichen. Doch gerade im physikalischen Netzbau begegnen wir im Alltag zu vielen Hürden. Die Standortsuche für neue Trafostationen beispielsweise gestaltet sich oft enorm zäh - geographisch wie auch politisch.

Hat die Politik das Thema nicht auf dem Schirm?

Doch, aber ich stelle fest, dass der Fokus bei vielen Politikern auf der Netzebene 1 liegt, dem sogenannten Höchstspannungsnetz. Der Flaschenhals befindet sich aber mehrheitlich auf der Netzebene 7, dem Niederspannungsnetz. Hier bei uns im Flachland, wo wir die vielen neuen Solaranlagen anschliessen, die dann im Sommer grosse Strommengen ins Netz einspeisen werden. 

Die Physik setzt den Ausbauzielen ihre Grenzen

Das Stromnetz hat doch immer hervorragend funktioniert. Wieso sollte sich das denn jetzt ändern?

Die Logik im Stromnetz hat sich verändert, weshalb wir uns in einem Umbau des Stromnetzes befinden. Während bis anhin der Strombezug, also der Verbrauch, das Netz dimensioniert hat, ist es heute immer mehr die Stromeinspeisung, also die Produktion. Wenn wir bisher die zahlreichen PV-Anlagen an das bestehende Netz angeschlossen haben, profitierten wir noch von den eingebauten Reservekapazitäten. Doch diese Reservekapazitäten haben wir nun zunehmend aufgebraucht. Heute stossen wir bereits in einzelnen Quartieren an die Grenzen. Das heisst wir müssen dort das Netz zuerst ausbauen, bevor wir weitere PV-Anlagen anschliessen können. Deshalb ist der physikalische Netzausbau so ungemein wichtig. 

Bräuchte es diesbezüglich mehr Druck auf die Politik, um schneller vorwärtszukommen?

In der Politik stossen wir auf grosses Verständnis. Wir sind im Gespräch mit Vertretern des Kantons Zürich und auch auf nationaler Ebene diskutieren wir, wie die Prozesse vereinfacht und die Bewilligungsverfahren beschleunigt werden können. Neben dem Solarexpress wurde ja auch der Netzexpress auf den Weg gebracht. Dieser fokussiert aber zurzeit noch primär auf die Höchstspannungsebene, doch wir brauchen eine Beschleunigung der Verfahren auf allen Netzebenen - die Mühlen mahlen sehr langsam. 

Die Physik setzt den Ausbauzielen ihre Grenzen

Das Stromnetz hat doch immer hervorragend funktioniert. Wieso sollte sich das denn jetzt ändern?

Die Logik im Stromnetz hat sich verändert, weshalb wir uns in einem Umbau des Stromnetzes befinden. Während bis anhin der Strombezug, also der Verbrauch, das Netz dimensioniert hat, ist es heute immer mehr die Stromeinspeisung, also die Produktion. Wenn wir bisher die zahlreichen PV-Anlagen an das bestehende Netz angeschlossen haben, profitierten wir noch von den eingebauten Reservekapazitäten. Doch diese Reservekapazitäten haben wir nun zunehmend aufgebraucht. Heute stossen wir bereits in einzelnen Quartieren an die Grenzen. Das heisst wir müssen dort das Netz zuerst ausbauen, bevor wir weitere PV-Anlagen anschliessen können. Deshalb ist der physikalische Netzausbau so ungemein wichtig. 

Bräuchte es diesbezüglich mehr Druck auf die Politik, um schneller vorwärtszukommen?

In der Politik stossen wir auf grosses Verständnis. Wir sind im Gespräch mit Vertretern des Kantons Zürich und auch auf nationaler Ebene diskutieren wir, wie die Prozesse vereinfacht und die Bewilligungsverfahren beschleunigt werden können. Neben dem Solarexpress wurde ja auch der Netzexpress auf den Weg gebracht. Dieser fokussiert aber zurzeit noch primär auf die Höchstspannungsebene, doch wir brauchen eine Beschleunigung der Verfahren auf allen Netzebenen - die Mühlen mahlen sehr langsam. 

«Nicht nur die Strommenge, sondern auch die Schwankungen im Stromnetz, die Belastungs-Peaks, nehmen massiv zu», Daniel Bucher über Elektrifizierung der Schweizer Energieversorgung und deren Auswirkungen auf das Stromnetz.

Zurück zum Netzbau. Weshalb muss das Stromnetz überhaupt so massiv ausgebaut werden?

Weil es unser Ziel ist, unsere Energieversorgung zu dekarbonisieren, indem wir sie elektrifizieren. Fossil betriebene Heizungen werden durch Wärmepumpen, Benziner durch Elektroautos ersetzt. Dafür werden wir zukünftig viel mehr Strom benötigen als heute – und dieser Strom soll idealerweise irgendwann zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen, die vermehrt dezentral produziert werden. Um dies zu ermöglichen, müssen wir das Netz aus- und umbauen.

Wer sich eine Solaranlage beschafft, sollte sich stets auch den Kauf eines Batteriespeichers überlegen - diese können das Netz entlasten

Warum muss man es umbauen, was ist heute denn anders als bisher?

Wie bereits angesprochen, haben wir bis vor wenigen Jahren das Netz auf den Strombezug dimensioniert. Man hat damals ermittelt, wieviel Strom ein Haus verbraucht. Danach wurde der Anschluss entsprechend dimensioniert und gebaut. Heute ist das oftmals anders. Das Stromnetz wird heute oft auf die Einspeiseleitung dimensioniert. Man ermittelt also, wieviel Strom von einer Solaranlage auf einem Hausdach über das Netz abtransportiert werden soll. Weil diese Zahl meistens bedeutend höher ist als die bisherige Bezugsleistung, muss das Stromnetz eben auch leistungsfähiger werden. 

Zurück zum Netzbau. Weshalb muss das Stromnetz überhaupt so massiv ausgebaut werden?

Weil es unser Ziel ist, unsere Energieversorgung zu dekarbonisieren, indem wir sie elektrifizieren. Fossil betriebene Heizungen werden durch Wärmepumpen, Benziner durch Elektroautos ersetzt. Dafür werden wir zukünftig viel mehr Strom benötigen als heute – und dieser Strom soll idealerweise irgendwann zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen, die vermehrt dezentral produziert werden. Um dies zu ermöglichen, müssen wir das Netz aus- und umbauen.

Wer sich eine Solaranlage beschafft, sollte sich stets auch den Kauf eines Batteriespeichers überlegen - diese können das Netz entlasten

Warum muss man es umbauen, was ist heute denn anders als bisher?

Wie bereits angesprochen, haben wir bis vor wenigen Jahren das Netz auf den Strombezug dimensioniert. Man hat damals ermittelt, wieviel Strom ein Haus verbraucht. Danach wurde der Anschluss entsprechend dimensioniert und gebaut. Heute ist das oftmals anders. Das Stromnetz wird heute oft auf die Einspeiseleitung dimensioniert. Man ermittelt also, wieviel Strom von einer Solaranlage auf einem Hausdach über das Netz abtransportiert werden soll. Weil diese Zahl meistens bedeutend höher ist als die bisherige Bezugsleistung, muss das Stromnetz eben auch leistungsfähiger werden. 

Gleichzeitig wir das Stromnetz durch erneuerbare Energien auch viel stärker belastet?

Ja. Nicht nur die Menge, sondern auch die Schwankungen, die Belastungs-Peaks, nehmen massiv zu. Stellen Sie sich vor es ist Hochsommer, 12 Uhr mittags. Eine Wolkendecke bedeckt die Sonne über dem halben Kanton Zürich, weshalb nur wenig Solarenergie produziert wird. Plötzlich klärt es auf. Innerhalb kurzer Zeit scheint die Sonne mit voller Kraft , sämtliche Solaranlagen produzieren jetzt mit maximaler Leistung. Eine solche plötzliche Belastung hat unser Netz bisher nicht gekannt. Diese grosse Volatilität im Stromnetz zu beherrschen, ist technisch sehr anspruchsvoll.  

Das Netz wird während Produktionsspitzen nicht sämtlichen Solarstrom aufnehmen können

Wie wird das Stromnetz denn zukünftig mit diesen zunehmenden Belastungs-Peaks fertig?

Wir können das Netz nicht so bauen, dass es sämtliche Produktions-Peaks absorbieren kann. Das wäre ineffizient und viel zu teuer. Das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien regelt, dass wir Photovoltaikanlagen teilweise abriegeln dürfen. Dies bedeutet, dass wir die Einspeiseleistung von Photovoltaikanlagen zum Beispiel bei besonders starkem Sonnenschein abriegeln dürfen. Solaranlagen können dann befristet nicht mehr ihre volle Leistung ins Stromnetz einspeisen. 

Gleichzeitig wir das Stromnetz durch erneuerbare Energien auch viel stärker belastet?

Ja. Nicht nur die Menge, sondern auch die Schwankungen, die Belastungs-Peaks, nehmen massiv zu. Stellen Sie sich vor es ist Hochsommer, 12 Uhr mittags. Eine Wolkendecke bedeckt die Sonne über dem halben Kanton Zürich, weshalb nur wenig Solarenergie produziert wird. Plötzlich klärt es auf. Innerhalb kurzer Zeit scheint die Sonne mit voller Kraft , sämtliche Solaranlagen produzieren jetzt mit maximaler Leistung. Eine solche plötzliche Belastung hat unser Netz bisher nicht gekannt. Diese grosse Volatilität im Stromnetz zu beherrschen, ist technisch sehr anspruchsvoll.  

Das Netz wird während Produktionsspitzen nicht sämtlichen Solarstrom aufnehmen können

Wie wird das Stromnetz denn zukünftig mit diesen zunehmenden Belastungs-Peaks fertig?

Wir können das Netz nicht so bauen, dass es sämtliche Produktions-Peaks absorbieren kann. Das wäre ineffizient und viel zu teuer. Das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien regelt, dass wir Photovoltaikanlagen teilweise abriegeln dürfen. Dies bedeutet, dass wir die Einspeiseleistung von Photovoltaikanlagen zum Beispiel bei besonders starkem Sonnenschein abriegeln dürfen. Solaranlagen können dann befristet nicht mehr ihre volle Leistung ins Stromnetz einspeisen. 

Daniel Bucher ist diplomierter Elektroingenieur und Betriebswirtschafter. Er arbeitet seit 2006 für die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich und zeichnet seit 2018 verantwortlich für den Geschäftsbereich Netze.

Was bedeutet das für Solaranlagen-Besitzer, die dann kein Geld mehr bekommen für ihren Solarstrom?

Das Gesetz regelt, dass der Verteilnetzbetreiber übers Jahr hinweg maximal drei Prozent der Energie abriegeln darf, ohne eine Entschädigung dafür bezahlen zu müssen. Besitzer von Solaranlagen bekommen dafür also keine Vergütung. Diese drei Prozent Produktionsverlust klingen nach sehr wenig. Das bedeutet aber, dass wir die Einspeiseleistung von Photovoltaikanlagen dauerhaft auf 70 Prozent reduzieren können, dabei aber nur drei Prozent der Produktion verloren geht. Volkswirtschaftlich wäre es nicht sinnvoll, wenn wir die verbleibenden drei Prozent auch noch «ernten» wollten und deshalb das Netz auf die maximale Leistung der Photovoltaikanlagen dimensionieren müssten. Das würde den Ausbau des Netzes noch teurer machen und die Kosten dafür müssten von allen getragen werden. Wer sich eine Solaranlage beschaffen möchte, sollte sich darum stets auch den Kauf eines Batteriespeichers überlegen. Damit kann man die überschüssige Energie während Produktionsspitzen lokal zwischenspeichern und so seinen Eigenverbrauch erhöhen. Das ist sinnvoll und entlastet das Stromnetz.

Batterien laden aber doch bereits während dem Morgen auf und sind dann bereits voll, wenn die Leistungs-Peaks am Mittag auftreten?

Wenn das so ist, wären die Batterien falsch programmiert. Diese sollten schon den Wetterbericht berücksichtigen und in der Regel zwischen 11-13 Uhr laden. Nur so können sie netzdienlich eingesetzt werden.

Wir müssen den Eigenverbrauch maximieren und Solarstrom möglichst da verbrauchen, wo er produziert wird

Was bedeutet das für Solaranlagen-Besitzer, die dann kein Geld mehr bekommen für ihren Solarstrom?

Das Gesetz regelt, dass der Verteilnetzbetreiber übers Jahr hinweg maximal drei Prozent der Energie abriegeln darf, ohne eine Entschädigung dafür bezahlen zu müssen. Besitzer von Solaranlagen bekommen dafür also keine Vergütung. Diese drei Prozent Produktionsverlust klingen nach sehr wenig. Das bedeutet aber, dass wir die Einspeiseleistung von Photovoltaikanlagen dauerhaft auf 70 Prozent reduzieren können, dabei aber nur drei Prozent der Produktion verloren geht. Volkswirtschaftlich wäre es nicht sinnvoll, wenn wir die verbleibenden drei Prozent auch noch «ernten» wollten und deshalb das Netz auf die maximale Leistung der Photovoltaikanlagen dimensionieren müssten. Das würde den Ausbau des Netzes noch teurer machen und die Kosten dafür müssten von allen getragen werden. Wer sich eine Solaranlage beschaffen möchte, sollte sich darum stets auch den Kauf eines Batteriespeichers überlegen. Damit kann man die überschüssige Energie während Produktionsspitzen lokal zwischenspeichern und so seinen Eigenverbrauch erhöhen. Das ist sinnvoll und entlastet das Stromnetz.

Batterien laden aber doch bereits während dem Morgen auf und sind dann bereits voll, wenn die Leistungs-Peaks am Mittag auftreten?

Wenn das so ist, wären die Batterien falsch programmiert. Diese sollten schon den Wetterbericht berücksichtigen und in der Regel zwischen 11-13 Uhr laden. Nur so können sie netzdienlich eingesetzt werden.

Wir müssen den Eigenverbrauch maximieren und Solarstrom möglichst da verbrauchen, wo er produziert wird

Wie kann man sich sonst noch netzdienlich verhalten?

In dem man die Haushaltsgeräte dann einschaltet oder das E-Auto dann lädt, wenn Strom im Überfluss verfügbar ist. Im Projekt Ortsnetz haben wir genau solche Fragen untersucht. Zukünftig werden beispielsweise E-Autos via API-Schnittstelle mit dem Stromnetz kommunizieren können, um ein optimal netzdienliches Ladeverhalten sicherzustellen. 

Immer häufiger ist auch die Rede vom bidirektionalen Laden. Dabei können die E-Auto-Batterien auch Strom ins Netz abgeben, wenn zu wenig Strom verfügbar ist. Was erhoffen Sie sich davon bezüglich Netzstabilität?

Durch das starke Wachstum der Elektromobilität wird diese zukünftig viel Strom aus dem Netz beziehen. Ohne intelligente Steuerung kann dabei ein negativer Effekt auf das Netz entstehen. Glücklicherweise sind auch normale – d.h. nicht bidirektionale – Ladestationen bereits sehr intelligent und können sehr gut auf Steuersignale oder Anreize reagieren. Durch bidirektionales Laden kann dieser lokale Verbrauch noch weiter gesteigert werden. Auch in Quartierspeichern oder Lokalen Energiegemeinschaften (LEG) steckt diesbezüglich noch viel Potenzial.

Worum handelt es sich bei LEG? 

Dem Stromnetz ist am meisten geholfen, wenn wir möglichst viel Solarstrom direkt dort verbrauchen, wo er produziert wird. Einerseits können wir das mit grösseren Batteriespeichern tun, die den Solarstrom ganzer Quartiere lokal für die Nacht aufbewahren. Andererseits werden es lokale Energiegemeinschaften (LEG) ermöglichen, dass man innerhalb einer Gemeinde direkt von einer lokalen Solaranlage Strom mitbeziehen kann. Auch wenn man keine eigene Solaranlage auf seinem EFH oder Mehrfamilienhaus installiert hat. Solche Angebote können das Stromnetz entlasten.

Solarstrom wird im Sommer nur wenig Wert haben, solange wir ihn nicht für den Winter speichern können

Wie kann man sich sonst noch netzdienlich verhalten?

In dem man die Haushaltsgeräte dann einschaltet oder das E-Auto dann lädt, wenn Strom im Überfluss verfügbar ist. Im Projekt Ortsnetz haben wir genau solche Fragen untersucht. Zukünftig werden beispielsweise E-Autos via API-Schnittstelle mit dem Stromnetz kommunizieren können, um ein optimal netzdienliches Ladeverhalten sicherzustellen. 

Immer häufiger ist auch die Rede vom bidirektionalen Laden. Dabei können die E-Auto-Batterien auch Strom ins Netz abgeben, wenn zu wenig Strom verfügbar ist. Was erhoffen Sie sich davon bezüglich Netzstabilität?

Durch das starke Wachstum der Elektromobilität wird diese zukünftig viel Strom aus dem Netz beziehen. Ohne intelligente Steuerung kann dabei ein negativer Effekt auf das Netz entstehen. Glücklicherweise sind auch normale – d.h. nicht bidirektionale – Ladestationen bereits sehr intelligent und können sehr gut auf Steuersignale oder Anreize reagieren. Durch bidirektionales Laden kann dieser lokale Verbrauch noch weiter gesteigert werden. Auch in Quartierspeichern oder Lokalen Energiegemeinschaften (LEG) steckt diesbezüglich noch viel Potenzial.

Worum handelt es sich bei LEG? 

Dem Stromnetz ist am meisten geholfen, wenn wir möglichst viel Solarstrom direkt dort verbrauchen, wo er produziert wird. Einerseits können wir das mit grösseren Batteriespeichern tun, die den Solarstrom ganzer Quartiere lokal für die Nacht aufbewahren. Andererseits werden es lokale Energiegemeinschaften (LEG) ermöglichen, dass man innerhalb einer Gemeinde direkt von einer lokalen Solaranlage Strom mitbeziehen kann. Auch wenn man keine eigene Solaranlage auf seinem EFH oder Mehrfamilienhaus installiert hat. Solche Angebote können das Stromnetz entlasten.

Solarstrom wird im Sommer nur wenig Wert haben, solange wir ihn nicht für den Winter speichern können

Wie bewerten Sie es aus Netzsicht, dass Solarstromproduzenten zukünftig einen regulierten Einspeisetarif bekommen, der sich am Referenzmarktpreis orientiert?

Das ist eine politische Entscheidung, die auf das Netz nur indirekt einen Einfluss hat. Es ist verständlich, dass sich Produzenten möglichst hohe Rückliefertarife wünschen. Diese müssen aber auch finanziert werden und allfällige Mehrkosten müssen von allen Stromkunden getragen werden. Auf der anderen Seite müssen sich Investitionen in den Ausbau von erneuerbarer Energie amortisieren, damit wir den im Stromgesetz geforderten Zubau von 35 Terrawattstunden auch erreichen können. 

Allein bei EKZ benötigen wir bis zu 80 zusätzliche Netzelektrikerinnen und Netzelektriker

Welche Rolle spielt im Netzbau eigentlich der Fachkräftemangel? Ist der notwendige Netzausbau mit dem aktuellen Bestand an Fachpersonal realisierbar?

Nein. Wir werden den Personalbestand ausbauen müssen. Wenn wir die Ziele des Stromgesetzes bis 2035 erreichen wollten, müsste der Personalbestand bei EKZ im Geschäftsbereich Netze um 50 bis 80 Personen erhöht werden. Wir versuchen deshalb beispielsweise Menschen via Quereinsteigerprogramm auszubilden und zu befähigen und noch mehr Lernende auszubilden. Aber es wird eine grosse Herausforderung sein, genügend Leute zu rekrutieren.
 

Wie bewerten Sie es aus Netzsicht, dass Solarstromproduzenten zukünftig einen regulierten Einspeisetarif bekommen, der sich am Referenzmarktpreis orientiert?

Das ist eine politische Entscheidung, die auf das Netz nur indirekt einen Einfluss hat. Es ist verständlich, dass sich Produzenten möglichst hohe Rückliefertarife wünschen. Diese müssen aber auch finanziert werden und allfällige Mehrkosten müssen von allen Stromkunden getragen werden. Auf der anderen Seite müssen sich Investitionen in den Ausbau von erneuerbarer Energie amortisieren, damit wir den im Stromgesetz geforderten Zubau von 35 Terrawattstunden auch erreichen können. 

Allein bei EKZ benötigen wir bis zu 80 zusätzliche Netzelektrikerinnen und Netzelektriker

Welche Rolle spielt im Netzbau eigentlich der Fachkräftemangel? Ist der notwendige Netzausbau mit dem aktuellen Bestand an Fachpersonal realisierbar?

Nein. Wir werden den Personalbestand ausbauen müssen. Wenn wir die Ziele des Stromgesetzes bis 2035 erreichen wollten, müsste der Personalbestand bei EKZ im Geschäftsbereich Netze um 50 bis 80 Personen erhöht werden. Wir versuchen deshalb beispielsweise Menschen via Quereinsteigerprogramm auszubilden und zu befähigen und noch mehr Lernende auszubilden. Aber es wird eine grosse Herausforderung sein, genügend Leute zu rekrutieren.
 

Das Stromnetz im EKZ-Versorgungsgebiet